Kathmandu/ Patan


Montag, 13.11.1995
Beim Aufstehen habe ich zunächst zu tun, um festzustellen, wo ich bin.
Aber 10 Stunden Schlaf, das ist ausgezeichnet. Nach dem English Breakfast treffen wir uns mit 3 Belgiern und unserem Guide und es geht per Kleinbus hinunter nach Patan.
Wir müssen uns heute einfach von der typisch deutschen Vorstellung trennen, daß äußerliche Reinheit einfach alles ist! Das hektische Streetlife, die Müllberge, die Haustrümmer, die toten Ratten und Kakerlaken, die stinkenden Rinnsale und die Abgase in der Luft sind wirklich sehr gewöhnungsbedürftig.
Wir durchstreifen mit unserem Guide die Altstadt südlich des Durbar Squares, aber ob der Stadt­plan in diesem Durcheinander wirklich etwas mit der Realität gemeinsam hat, bleibt bis heute ungeklärt. Und die Sonne glüht.
Menschen über Menschen, viele Heiligenschreine, baufällige Häuser, es ist zuviel zum Begreifen.
Eine völlig andere Welt.
Und das Schlimmste daran ist die mit aller Macht erzwungene Verwestlichung dieser Lebenskul­tur, die seit sehr kurzer Zeit bereits viele negative Auswirkungen zeigt.
Verkehrschaos, total unkontrollierter Bauboom, bettelnde Kinder, Werbeslogans aus Europa und Amerika an den morschen Wänden. Auf den Plakaten weiße Menschen und" the taste of success".
Sinnlos! Das ist wohl der Absturz einer jahrtausendealten Kultur in die Hoffnungslosigkeit und Armut der dritten Welt.
Unser Guide ist Spitze, er erklärt eine Menge über die sich hier wunderbarerweise tolerierenden Religionen, wir besichtigen eine Menge hinduistischer und buddhistischer Tempel am Durbar Square und in dessen Nähe.
Hier sieht man natürlich auch entsprechend viele Touristen aus aller Welt.
Überall Souvenirhändler, bettelnde Kinder, heilige Männer, Sadhus genannt, die nach dem Gefilmt- oder Fotografiertwerden die Hand aufhalten. Beeindruckend sind die Tempelbauten, die sehr altersschwach aussehen, und allem zum Trotz schon Jahrhunderte stehen. Doch ob sie die Abgase in der Luft überleben bleibt fraglich.
Nach einer ausgedehnten Lunchpause auf dem Dachgarten eines Restaurants inklusive Blick über die Dächer bis hin zu den die Vorberge überragenden Schneeberge Ganesh Himal im Westen, Langtang Himal im Norden und Gaurishankar im Osten fahren wir, zum nach Pashupatinath im Nordosten Katmandus am Flusse Baghmati.
Dieser Tempelbezirk ist das größte hinduistische Heiligtum im Lande.
Und die Stätten der Feuerbestattungen an den Ghats am Baghmati River...
Tatsächlich werden wir Zeuge einer Bestattung. Und das ist nicht nur ein Anziehungspunkt für Touristen, die sich jedoch in respektvollem Abstand aufhalten, sondern auch für hunderte Nepale­sen, die gespannt und wie auf einem Volksfest zuschauen.
Die Asche wird in den Fluß geschüttet, auf daß sie in den Ganges und dann ins Meer schwimme.
Und fünfzig Meter flußabwärts baden Kinder und waschen Menschen die Wäsche.
Zum krönenden Abschluß unserer heutigen Sightseeingtour zeigt uns unser Guide die Bodnath Stupa, das weItgrößte buddhistische Heiligtum.
Viele Touris, viele Gläubige und Mönche. Und natürlich Souvenirhändler. Und ein beeindrucken­des Bauwerk.
Ringsum scharen sich zahlreiche Geschäfte, Cafes und Klöster.
Vom Coffee-Shop Dachgarten genießen wir noch einmal diesen schönen Tag und sehen einen wunderbaren Sonnenuntergang hinter den Bergen, die das Katmandutal umrahmen.
Im Dunkeln ist dann das Verkehrschaos noch größer aber wir landen wieder gut im Hotel, bekom­ men ein nobles Abendessen und klönen beim Bier noch eine Weile.
Als wir, von der belgischen Chefin mit Diamox versehen, in die Koje gehen wollen, hält uns noch ein Deutscher an, der uns geschlagene zwei Stunden von seinen Bergerlebnissen im Khumbu er­zählt, uns eine Menge Tipps gibt, ein wenig Angst machen will und noch einige Aspirin C an uns abtritt.
Nun, dann kann es morgen losgehen.