03 Brüssel - Gent

Der Blick auf den Regenradar verheißt leichten Regen, der von Westen herein zieht.
Das hatten wir ja eigentlich auch nicht anders erwartet, hier so nah an der Nordsee, aber nach dem schönen Sonnenschein gestern ist das doch eine kleine Ernüchterung.

Das Frühstück ist nicht viel üppiger als das Abendbrot gestern. Nun ja... Reicht trotzdem.
Zumindest über die nächsten 20 km bis zum Bäcker.

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Vorerst geht es aber nach dem Packen und Verabschieden auf kleinen hügeligen Sträßchen und Wegen machmal quer übers Feld - ja, der Track wurde fahrradgerecht gelegt, allerdings gibt es manchmal tatsächlich nur einen Trampelpfad über die Felder - nach Westen hinaus.
Back to the roots - mit normaler Karte die Route suchen, ist in dem Gewirr ausgeschlossen. Das Folgen dieser blauen Linie auf dem Navi erspart dagegen viel Zeit und Unsicherheiten. Was sich bei Sonnenschein jedoch nicht bewährt, ist das Smartphone. Leider spiegelt das Display so sehr, dass man beim Fahren darauf nichts erkennen kann. Auch der Akku entlädt sich zu schnell und Nachladen am sonst zuverlässigen Fahrrad-E-Werk Cycle 2 Charge bzw. wenigstens die Ladung erhalten klappt bei unserem geringen Durchschnittstempo auch nicht.  Also muss das gute alte Garmin etrex 30x wieder ran, darauf ist Verlass.
Die Stadtteile gehen übergangslos ineinander über, so dass da jede Übersicht rasch entschwindet.
Irgendwann sind wir aber dann doch auf dem Land und radeln nun durch kleine, wenig anheimelnde Dörfchen in Richtung Schelde und Gent.
Wetter - etwas grau, kühl, der Wind weht von West, das ist keine Überraschung und zum Radeln soll uns das Recht sein.
So rollert es gemächlich dahin, der Bäcker nach 20 Kilometern muss sein, dann, nach 40 Kilometern erreichen wir in Wetteren die Schelde.
Ab dort geht es auf dem Schelde- oder Flandern-Radweg weiter.
Auch hier ist die Landschaft nicht außergewöhnlich, bei Sonne würde das wohl etwas anders aussehen, aber wir wollten es ja so. Also nicht meckern.
Und auf dem Radweg treffen wir nun auch auf etliche Radler, die in beiden Richtungen unterwegs sind.
Einen interessanten Anblick bieten schließlich die Türme von Gent, die wir irgendwann in der Ferne erspähen.


Entspannt erreicht man auf dem Radweg das Stadtinnere und, dem Track sei Dank, es gelingt auch, mühelos sich durch das Straßen- und Verkehrsgewirr in die Altstadt vorzuarbeiten und das De-Draecke-Hostel zu erreichen.
CheckIn mit ein paar englischen Brocken ist kein Problem, dann beziehen wir oben in der dritten Etage unser Zimmerchen. Toll, hier hat man einen schönen Ausblick über die Dächer.
Und nach dem Duschen geht es zu Fuß in die 5 Minuten entfernte Altstadt.
Ja, was soll man da sagen, Gent ist eine Reise wert.
Unabhängig davon, dass alles wunderbar restauriert und trotzdem einen lebendigen, nicht den Eindruck eines Museums macht, ist man als Uneingeweihter erst einmal platt.
Man hat es im Mittelalter sehr gut verstanden, seinen Reichtum und seine Macht in überwältigenden Steinbauten und Türmen darzustellen.
Der Rundgang bietet an jeder Ecke neue Einsichten und Motive. Und den Blick oben vom Belfried (die 16 Euro ist uns das wert) über diese Stadt vergisst man nicht so schnell.
Das Menschenchaos von Touris, Studenten, Einheimischen bietet ebenfalls viele Studienmöglichkeiten.


Als Hunger und Durst dann zu groß werden, kehren wir in einer Bierkneipe am Vrijdagmarkt ein.

Hmmm, 500 Biersorten. Das könnte ein Problem werden und eine gute Gelegenheit sein, sich zum Ei zu machen. Mit verstohlenen Blicken versuchen wir zu erkennen, was die Leute an den Nachbartischen so trinken, doch da fällt der lieben Reisegefährtin der Tipp ein, den sie vorher bekam.
Irgendein Schwarzbier solle gut schmecken...

Tja, aber wie hieß das nur? Irgend etwas mit Blau. Nicht Grün? Oder Rot? Nein Blau!!!


Der Kellner, oder besser Bierspezialist steht abwartend vor uns. Na, was werden diese ahnungslosen Touris nun wohl für ein Zeug bestellen? Chimay Blauw... (???)


Aaaaaah - sein Gesicht hellt sich sichtlich auf. "Das trinke ich auch gern."
Jap, Volltreffer.
Also zwei Chimay Blauw bitte. Uff, das Bierchen hat 9,5%. Das verspricht Spaß. Dazu als Unterlage etwas Wurst und Käse...
Alles bestens, das Chimay hat wirklich einen eigenen und guten Geschmack, das kann man weiter empfehlen. Und als die liebe Reisegefährtin nach dem Verzehr ebendesselben mit Kichern beginnt, ist der Tag gerettet.
Nach ein wenig Smalltalk mit dem Bierspezialisten schaffen wir es irgendwie, uns wieder auf den Rundgang zu begeben. Na das war doch nach dem gestrigen Brüssel-Ausflug das nächste schöne Ferienerlebnis.


Den typischen extrem süßen Geleebonbons kann man eher nichts abgewinnen, aber ein paar (belgische!!!) Fritten tun auch gut.
Das Stativ ist mit dabei, das buckelt der Radelnde Uhu nun schon den ganzen Nachmittag durch die Stadt, vielleicht gibt es ja eine schöne Blaue Stunde hier am Ufer der Leie mit einem weiteren Chimay Blauw in der Hand und dem Panorama der mittelalterlichen Häuser. Drüben am anderen Ufer ist Rummel in den Restaurants.


Nur - dunkel werden will es einfach nicht, nicht einmal Dämmerung ist angesagt.
Eigentlich ist es klar - wir sind hier 800 km weiter westlich, aber immer noch in derselben Zeitzone. Also ist es 21.15 immer noch so hell wie am Nachmittag.
Und da wir morgen weiter wollen - müssen, brechen wir das Ganze  besser ab und ziehen uns ins Hostel zurück.
Gute Nacht, es war ein schöner Tag.

(62,07 km)

DIe Route findet man hier