Von der Schönheit des "Killerhügels"
2006
Die Tour war, für meine Verhältnisse, lang und bergig. Gerade weil in Böhmen die Straßen häufig ohne sinnlose Umwege in Form von
Serpentinen den kürzesten und damit steilsten Weg bergan nehmen, machen sich demzufolge nun auch die Beine bemerkbar.
Und dann steht da noch ein Seitenkamm zwischen Zschopau- und Zwönitztal im Weg, das vermutlich letzte Bollwerk vor dem Ziel
Chemnitz.
Es dämmert, als ich mühevoll diesen, gemessen an meinem jetzigen körperlichen und mentalen Zustand, extremen Anstieg hinauf
schleiche.
Zu meinem Keuchen und Ächzen gesellt sich zu allem ein unüberhörbares Gewittergrummeln.
Und dieses Gewitter sorgt für eine plötzlich hereinbrechende Dunkelheit. Das war nicht geplant, ich habe kein Licht am Rad. Nun
beginnt es, wie aus Kannen zu schütten.
Toll - dieser Abschnitt frisst sich als "Killerhügel" in meine Erinnerung.
2013
Seitdem ist bekannt, dass es auf der Route vom Erzgebirge nach Chemnitz immer noch ein letztes Hindernis vor dem Tagesziel gibt,
auf dass man sich von vornherein einstellen sollte.
Man kennt diesen Anstieg und weiß, wann und wie zu schalten und wie viel Kraft aufgewendet werden muss, um die müden Beine nicht
mehr zu schinden als nötig.
Zunächst fährt man in diesen harmlos wirkenden Anstieg aus dem Zschopautal recht locker hinein und kann dabei die noch verbliebene
Euphorie der eben absolvierten rasanten Abfahrt vom Erzgebirgskamm ausnutzen. Dann wird die Straße allmählich immer steiler, ohne jedoch richtig steil zu werden.
Deshalb scheint dieser Anstieg endlos. Kilometerlang windet er sich in Kurven zunächst durch den Wald, dann durch das
langgestreckte Dorf.
Je nach Tageszeit und Temperatur läuft der Schweiß bald literweise über die Haut. Aber die durch die Bäume blitzenden letzten
Sonnenlichter lenken angenehm davon ab...
Im oberen Drittel verlockt an einem kleinen Feuerlöschteich eine Bank unter einem alten Baum zur Pause, ehe es, was man zu diesem
Zeitpunkt nicht vermutet und innerlich auch nicht mehr wünscht, nur kurz aber knackig, ganz auf die Höhe geht. Man kann natürlich auch ohne Pause durchfahren, es kommt darauf an, wie groß der
sportliche Ehrgeiz gerade ist.
Mit diesem Detailwissen hat der "Killerhügel" in den vergangenen Jahren seinen Schrecken verloren.
Im Gegenteil, man freut sich sogar darauf, denn mittlerweile verschafft dieser letzte Anstieg noch einmal den wohltuenden Genuss
des gleichmäßigen Bergauf-Kurbelns und, um diesen Begriff auch noch einmal zu strapazieren - des Entschleunigens (im wahrsten Sinne des Wortes).
Oben angekommen zu sein bedeutet, die Tour ist an diesem Punkt eigentlich zu Ende.
Danach folgt auf den letzten fünzehn Kilometern durch das schöne Zwönitztal die Kür des Tages.